Samstag, 17. März 2012

Anne Ch. Voorhoeves Roman »Liverpool Street«

Die in Berlin lebende Schriftstellerin Anne Ch. Voorhoeve ist eine bemerkenswerte Autorin. Ich kenne zwei Jugendbücher von ihr; beide sind bemerkenswert. Diese Jugendromane verdeutlichen, wie stark die Autorin daran interessiert ist, »junge Menschen an(zu)sprechen, ihnen die deutsche Geschichte mit einem spannenden Roman und nicht mit einem Geschichtsbuch nahe(zu)bringen.
 
tl_files/wfb/sonstiges/voorhoeve_liverpool.jpgIn dem Buch »Liverpool Street« nimmt sie sich des Themas Juden und Nationalsozialismus an. Im sogenannten Tausendjährigen Reich »gab es, genau wie heute, Feiglinge, Mitläufer, aber auch großmütige Menschen.« Im Mittelpunkt steht die 11-jährige Franziska Mangold die zusammen mit ihrer Familie in Berlin lebt. Als 1939 der Krieg ausbricht wird die Familie aufgrund jüdischer Vorfahren als nicht-arisch, also jüdischeingestuft und von den Mitbürgern beschimpft, obwohl sie den christlichen Glauben hat. Mehrere Anträge, endlich ins benachbarte Ausland zu übersiedeln, scheitern. Um zumindest Franziska zu schützen, entschließen die Eltern, ihre Tochter mit einem Kindertransport nach England zu schicken.
 
Das neue Leben in vollständig anderer Umgebung gefällt Franziska nicht besonders. Sie leidet unter Einsamkeit, vermißt die Eltern und versucht alles, um ihre Familie nach England zu bekommen. Sie schwänzt die Schule, sucht Arbeit für die Eltern, denn das ist die Voraussetzung für eine vollständige Übersiedlung nach England. Plötzlich tritt ein Ereignis ein, mit dem kaum jemand gerechnet hat. England wird in den Krieg einbezogen - Franziskas Leben verändert sich erneut.

Wer noch immer der Überzeugung ist, solch schwierige Probleme hätten in Kinder- und Jugendbüchern nichts zu suchen, muß seinen Standpunkt gründlich überdenken. Zum Glück nimmt die Zahl der Jugendbücher mit ernsthaften Themen ständig zu. Dieses Buch jedenfalls gehört zu jenen, die in der Werteskala ziemlich weit oben angesiedelt sind: Sehr empfehlenswert.